Wie alle mathematischen Institute und viele Gymnasien hatte auch das Mathematische Institut der Universität Wien eine umfangreiche Lehrmittelsammlung: Geometrische Demonstrationsobjekte in größerer Zahl, viele Schautafeln mit geometrischen Konstruktionen, Kurven etc. und einige logarithmische Rechenschieber verschiedenster Typen für die Durchführung von Übungen, sowie einen großen Demonstrationsrechenschieber. Weiters beinhaltete die Lehrmittelsammlung zahlreiche mechanische Rechenmaschinen wie etwa die Sprossenradmaschinen nach W. T. Odhner (1845–1905), meist Geräte der Marke Brunsviga (zu sehen auf der Homepage der Fachbereichsbibliothek Mathematik) und Präzisionsgeräte für geometrische Messungen, vor allem eine Reihe von Planimetern (Geräte zur mechanischen Bestimmung des Inhalts ebener Flächenstücke) sowie zwei große Integraphen (Geräte, mit denen mechanisch die Integralkurve zu einer gegebenen Kurve gezeichnet werden kann). Leider ist viel davon verlorengegangen. Der zunehmende Hang zu gesteigerter Abstraktion im mathematischen Lehrbetrieb, der seinen Höhepunkt in den 1970er Jahren hatte, aber auch die Entwicklung der Computer seit den 1980er Jahren hatten zur Folge, dass alle Schautafeln und der Demonstrationsrechenschieber verschwunden sind. Etliche kleinere geometrische Modelle haben jedoch in sonst nicht mehr gebrauchten Vitrinen im Zeichensaal am alten Standort des Instituts in der Strudlhofgasse 4, 1090 Wien überdauert.
Seit Mitte der 1990er Jahre hat die Bibliothek diese Modelle übernommen, darunter das Fadenmodell eines Drehhyperboloids, einige Holzmodelle (Kegelschnitte, Pseudosphäre, 7-Färbung des Torus) und eine kleine Anzahl von Metallmodellen (Durchdringung dreier Zylinder, Fläche gleicher Breite usw.). Im Zuge der Übersiedlungen sind eine Reihe von geometrischen Präzisionsmess- und -zeichengeräten (Integraphen, Planimeter und mehrere Typen von Winkelmessern) dazugekommen, sowie viele Rechenschieber und mechanische Rechengeräte, von denen eine Auswahl unterschiedlicher Typen in die Sammlung aufgenommen wurden. Als neueres Objekt hat die Sammlung einen der ersten PCs aus der Zeit um 1980 als Geschenk erhalten. Im Ganzen umfasst die Sammlung heute etwa 50 Objekte.
Für wissenschaftliche Zwecke ist die Sammlung nach vorheriger Terminvereinbarung zugänglich.
Fachbereichsbibliothek Wirtschaftswissenschaften
und Mathematik
Oskar-Morgenstern-Platz 1
1090 Wien
Mag.a Andrea Neidhart
Fachbereichsbibliothek Wirtschaftswissenschaften und Mathematik
Oskar-Morgenstern-Platz 1
1090 Wien
T: +43-1-4277-164 10
andrea.neidhart@univie.ac.at
SCHWABL, Hans-Dominik: Historische Sammlung der Fachbereichsbibliothek Mathematik, Statistik, Informatik. In: Schaukästen der Wissenschaft. Die Sammlungen an der Universität Wien. Feigl, Claudia (Hg.). Wien, Böhlau Verlag, 2012. S. 125–126. Exemplare im Bestand der UB Wien, dieser Beitrag als elektronischer Text .
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Dietz, Sabine : Die Geschichte des Modellbaus in der Mathematik am Beispiel der Universität Göttingen. Staatsexamensarbeit, Mainz 1993.
Lorey, Wilhelm: Das Studium der Mathematik an den deutschen Universitäten seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Leipzig/Berlin 1916.
Mathematische Modelle. Aus den Sammlungen von Universitäten und Museen. Hg. von Gerd Fischer. 2 Bände (Bildband/Kommentarband), Braunschweig 1986.
Rottmann, Michael: Der Boom der Bilder. Zur Blüte mathematischer Demonstrationsmodelle im 19. Jahrhundert. In: Genau und anders. Mathematik in der Kunst von Dürer bis Sol LeWitt. Hg. vom Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien und Wolfgang Drechsler. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (29. Februar–18. Mai 2008), Wien 2008.
Visualization and Mathematics. Experiments, Simulation and Environments. Hg. von Hans-Christian Hege und Konrad Polthier. Berlin 1997.
Abbildung: Durchdringung dreier Zylinder, Modell; Fotografin: Claudia Feigl