Die Sammlung Frauennachlässe wurde zu Beginn der 1990er-Jahre von der Historikerin Edith Saurer (1942-2011) gegründet. Seit 2013 ist sie fix am Institut für Geschichte der Universität Wien verankert. Ziel ist es, Selbstzeugnisse und Fotografien von Frauen sowie von deren Verwandten und Bekannten zu sammeln, zu ordnen und für die wissenschaftliche Benutzung zugänglich zu machen – und damit auch die Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Frauen- und Geschlechtergeschichte voranzutreiben.
Aktuell (2023) sind in der Sammlung Frauennachlässe in mehr als 300 Beständen die Vor- oder Nachlässe von gut 500 Personen dokumentiert. Von ihnen sind Tagebücher, umfangreiche Briefwechsel, Haushaltsbücher oder Fotoalben erhalten, oder auch Familiengeschichten, kalendarische Aufzeichnungen, Ausweise und Schulzeugnisse. Die Dokumente reichen bis in das 18. Jahrhundert zurück; der Großteil wurde ab dem späten 19. und im 20. Jahrhundert verfasst. Der geografische Schwerpunkt liegt auf dem Gebiet des heutigen Österreichs; zahlreiche Bestände umfassen auch Selbstzeugnisse aus den ehemaligen Kronländern oder sogar von mehreren Kontinenten.
Der Bestand kann systematisch online recherchiert werden: Auf der Website der Sammlung Frauennachlässe sind ein Orts- und ein Dokumentenregister abrufbar. Kurze Beschreibungen von jedem Vor- und Nachlass stehen in META, dem gemeinsamen Verbundkatalog des i.d.a.-Dachverbandes, zur Verfügung. Die Benützung der Bestände erfolgt vor Ort nach vorheriger Terminvereinbarung und Vorlage des Forschungsvorhabens.
Die Sammlung Frauennachlässe arbeitet eng mit der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien zusammen. Von 2006 bis 2012 war sie Teil der Forschungsplattform „Neuverortung der Frauen- und Geschlechtergeschichte im veränderten europäischen Kontext“ an der Universität Wien. Sie ist Gründungsmitglied (2015) von EDAC, dem European Ego-Documents Archives and Collections Network und Mitglied von i.d.a., dem Dachverband der deutschsprachigen Frauen- und Lesbenarchive sowie von frida, dem Verein zur Förderung und Vernetzung frauenspezifischer Informations- und Dokumentationseinrichtungen in Österreich, den Li Gerhalter seit 2017 als Obfrau vertritt.
Sammlung Frauennachlässe
Institut für Geschichte
Universitätsring 1
1010 Wien
Mag.a Dr.in Li Gerhalter
Sammlung Frauennachlässe
Institut für Geschichte
T: +43-1-4277-408 12
sammlung.frauennachlaesse@univie.ac.at
Termine können von Montag bis Donnerstag vereinbart werden.
Gerhalter, Li: »Die Wienerinnen laufen bei helllichtem Tage in Hosen herum. « Ein intersektionaler Blick in die Bestände von Selbstzeugnissammlungen. In: Archiv-, Bibliotheks- und Dokumentationspolitiken. Frauen*- und genderspezifische Zugänge (Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare 75/2022/1). Hg. von Susanne Blumesberger, Li Gerhalter und Lydia Jammernegg. S. 145–166 Online verfügbar
Gerhalter, Li: Selbstzeugnisse sammeln. Eigensinnige Logiken und vielschichtige Interessenslagen. In: Logiken der Sammlung. Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik. (Literatur und Archiv, Bd. 4). Hg. von Petra-Maria Dallinger und Georg Hofer unter Mitarbeit von Stefan Maurer Berlin/Boston 2020, S. 51–69. Online verfügbar
Gerhalter, Li: Auf zur eigenen Dokumentation von Erinnerung! Feministische Archive für auto/biografische Dokumente als Schnittstellen von Erinnerungspolitiken und Forschung. In: Women's:Museum: curatorial politics in feminism, education, history, and art = Frauen:Museum: Politiken des Kuratorischen in Feminismus, Bildung, Geschichte und Kunst. Hg. von Elke Krasny und Frauenmuseum Meran. Wien2013. S. 285–296. Exemplare im Bestand der UB Wien
Gerhalter, Li: »Quellen für die Frauen- und Geschlechtergeschichte haben wir auf jeden Fall benötigt«: Die Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte. In: Gelehrte Objekte? - Wege zum Wissen: aus den Sammlungen der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien; Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien [11. April - 27. Oktober 2013; Ausstellung]. Wien 2013. S. 122–141. Exemplare im Bestand der UB Wien
GERHALTER, Li: Sammlung Frauennachlässe. In: Schaukästen der Wissenschaft. Die Sammlungen an der Universität Wien. Feigl, Claudia (Hg.). Wien, Böhlau Verlag, 2012. S. 53–55. Exemplare im Bestand der UB Wien, dieser Beitrag als elektronischer Text .
HÄMMERLE, Christa : Fragmente aus vielen Leben. Ein Portrait der »Sammlung Frauennachlässe« am Institut für Geschichte der Universität Wien. In : L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft 14 (2/2003), S. 375–378.
HÄMMERLE, Christa : »… vielleicht können da einige Briefe aus der Kriegszeit bei Ihnen ein ständiges Heim finden.« Die »Sammlung Frauennachlässe« am Institut für Geschichte der Universität Wien. In: Briefe – Tagebücher – Autobiographien. Studien und Quellen für den Unterricht. Hg. von Eigner Peter, Christa Hämmerle und Günter Müller. Wien 2006, S. 132–139.
Hämmerle, Christa : Nebenpfade? Populare Selbstzeugnisse des 19. und 20. Jahrhunderts in geschlechtervergleichender Perspektive. In: Vom Lebenslauf zur Biographie. Geschichte, Quellen und Probleme der historischen Biographik und Autobiographik. Hg. von Thomas Winkelbauer. Horn/Waidhofen a.d.Thaya 2000 (= Schriftenreihe des Waldviertler Heimatbundes 40), S. 135–167.
SAURER, Edith : »For Women, the Act of Writing – whether Letters or Diaries – Expresses their Identity, their Life’s Ambition, the Will to Survive«. (Interview Kristina Popova with Edith Saurer). In: Women and Minorities : Ways of Archiving. Hg. von Kristina Popova, Marijana Piskova, Margareth Lanzinger, Nikola Langreiter and Petar Vodenicharov. Sofia/Vienna 2009, S. 16–19.
Foto: Fotografie aus dem Nachlass von Martha Teichmann (SFN NL 69); Fotograf*in und Datum unbekannt